22/09/2022

Das Wechselmodell: Ihr Anwalt für Familienrecht erklärt

Wenn Eltern sich trennen, gilt es nicht nur, die Trennung zu verarbeiten. In erster Linie müssen zusätzliche Lösungen gefunden werden, wer zukünftig Verantwortung für die Kinder trägt. Das Wechselmodell ist dann eine Möglichkeit, die Betreuung eines Kindes auch nach einer Scheidung gleichberechtigt sicherzustellen. Doch wie funktioniert das Wechselmodell eigentlich und kann es erzwungen werden, zum Beispiel durch ein Gericht? Diese und weitere Fragen beantworten wir von Schwarze, Hanefeld, Dr. Dabag Rechtsanwälte, Ihre Kanzlei für Familienrecht in Bochum.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Das Wichtigste in Kürze
  2. Was ist das Wechselmodell?
  3. Wann kommt das Wechselmodell infrage?
  4. Welchen Einfluss hat das Modell auf Unterhaltszahlungen?
  5. Nest- oder Pendelmodell: Kann es gerichtlich angeordnet werden?

 

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Wechselmodell ermöglicht eine gleichberechtigte Aufteilung der Kinderbetreuung nach einer Trennung.
  • Ob das Wechselmodell immer die beste Lösung ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren, beispielsweise zeitlichen Ressourcen, ab.
  • In Hinblick auf Unterhaltszahlungen kann das Wechselmodell Herausforderungen mit sich bringen – bei Unklarheiten kann eine Anwältin oder ein Anwalt weiterhelfen. 

 

Was ist das Wechselmodell?

Das Wechselmodell ermöglicht eine 50-50-Aufteilung der Kinderbetreuung auch nach einer Trennung oder Scheidung. Lange Zeit war es gängig, dass das Kind sich hauptsächlich bei einem Elternteil aufhält und den anderen Elternteil beispielsweise in den Ferien oder am Wochenende besucht. Viele Familien wünschen sich unterdessen jedoch einen gleichberechtigten Umgang. Das Wechselmodell kann auf unterschiedliche Art und Weise realisiert werden.


In erster Linie unterscheiden wir hier zwischen Pendel- und Nestmodell. Beim Pendelmodell pendelt das Kind und hält sich etwa jeweils eine Woche bei einem und die nächste Woche beim anderen Elternteil auf. Typischerweise verfügt das Kind dann bei beiden Eltern über ein eigenes Zimmer. Beim Nestmodell hingegen sind die Eltern diejenigen, die pendeln. Das Kind bleibt in seiner gewohnten Umgebung und die Eltern verbringen abwechselnd Zeit in der Wohnung, in der das Kind lebt. 


Während die Betreuung dem anderen Elternteil obliegt, lebt die andere Person in ihren eigenen vier Wänden. Dementsprechend geht das Nestmodell immer auch mit einem finanziellen Mehraufwand einher. 

 

Wann kommt das Wechselmodell infrage?

Damit das Wechselmodell tatsächlich die beste Lösung für ein Kind ist, spielen einige Faktoren eine Rolle:

  • Entfernung
  • zeitliche Ressourcen
  • Beziehung der Eltern zueinander
  • räumliche Möglichkeiten

Insbesondere für das Pendelmodell sollten beide Elternteile vergleichsweise nah beieinander wohnen. Denn dass durch das Pendeln sehr weite Wege zur Kita, Schule oder zu Freundinnen und Freunden entstehen, sollte nach Möglichkeit vermieden werden.

 

Darüber hinaus erfordert diese Art der Kinderbetreuung eine gute Kommunikation zwischen den Eltern und sollte stets auf Freiwilligkeit beruhen. Keinem Kind ist geholfen, wenn es seine Eltern regelmäßig sieht, eine der Parteien aber nur aus Pflichtgefühl heraus agiert oder Streitereien und Kommunikationsprobleme an der Tagesordnung sind. Eine gerichtliche Durchsetzung des Modells ist zwar theoretisch möglich, aber hier sollten Sie genau schauen, ob das auch die beste Lösung für Ihr Kind ist.

 

Außerdem sollten beide Elternteile über die räumlichen und zeitlichen Ressourcen verfügen, die es braucht, um ein Kind zu betreuen. Angenommen, ein Elternteil ist arbeitsbedingt sehr eingespannt und das Kind wäre dementsprechend viel alleine. Dann sollten Sie abwägen, ob es nicht sinnvoller ist, wenn das Kind mehr Zeit bei dem Elternteil verbringt, das auch mehr Zeit für seine Betreuung aufwenden kann. Regelmäßige Reflexionsgespräche, selbstverständlich auch mit dem Kind, geben Aufschluss darüber, wie es allen Beteiligten mit dem jeweiligen Betreuungsmodell geht.

 

Welchen Einfluss hat das Modell auf Unterhaltszahlungen?

Wenn ein Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, ist der andere Elternteil verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Um zu verstehen, wie Unterhaltszahlungen im Wechselmodell funktionieren, ist es wichtig, zwischen der sogenannten echten und unechten Form des Modells zu unterscheiden. Das echte Wechselmodell setzt den gleichen Anteil Betreuungszeit voraus. Beim unechten Wechselmodell gibt es Differenzen, zum Beispiel, wenn das Kind 60 Prozent von einem und 40 Prozent vom anderen Elternteil betreut wird. 


Beim echten Wechselmodell sind beide Eltern unterhaltspflichtig. Liegen hier Unterschiede im Verdienst vor, kann es passieren, dass die Person, die mehr verdient, Ausgleichszahlungen leisten muss. Sofern ein unechtes Wechselmodell praktiziert wird, ist der Elternteil zahlungspflichtig, der den geringeren Teil der Betreuung übernimmt. Diese Lösung führt vor allem dann zu Schwierigkeiten, wenn die Betreuungszeiten sehr ähnlich sind, aber nicht ausreichen, um als echtes Wechselmodell zu gelten.


Ob ein Wechselmodell die passende Lösung für Sie ist, hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab. Insbesondere, ob ein gerichtlicher Beschluss sinnvoll ist und wie Unterhaltszahlungen geregelt werden sollten, sind dabei komplexe Themen. Deswegen empfehlen wir Ihnen, dahingehend eine Expertin oder einen Experten für Familienrecht zurate zu ziehen. Sollten Sie sich nach der Scheidung uneinig sein, was die beste Lösung für Ihr Kind ist, kann außerdem eine 
Mediation sinnvoll sein, um eine eigenverantwortliche Lösung zu finden.

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